Leichte Gespanne unter zwölf Tonnen Gesamtgewicht werden bei starkem Wind gefährlich instabil. Das hat die Unfallforschung der Versicherer nun untersucht.
Die Plane ist aufgebläht, der Aufbau schwankt bedenklich, die Zurrgurte zucken wild in der Luft. Dennoch bleibt auf dem Gelände der Autobahnmeisterei Ulm-Dornstadt der Anhänger stehen, anhand dessen die Unfallforschung der Versicherer (UDV) am Dienstag die Kippstabilität von Leicht-Lkw demonstrieren wollte. Immerhin sei das ein Beweis, „dass ein stehender Anhänger nicht umkippt – jedenfalls nicht bei den Stürmen, die wir in Deutschland haben“, sagt Siegfried Brockmannn, Leiter der Unfallforschung.
Anders sieht es bei fahrenden Gespannen unter zwölf Tonnen aus, umgangssprachlich wegen der Mautfreiheit bis im vergangenen Jahr auch „Mautkiller“ genannt. Mit dem Forschungsprojekt will die UDV deshalb auf die Gefahr durch kippende Leicht-Lkw-Gespanne bei Seitenwinden hinweisen: Bei leerem Zustand kann die Fahrzeugkombination schon ab 55 km/h Windgeschwindigkeit (Windstärke 7) kippen, bei beladenen Gespannen ab 74 km/h (Windstärke 8).
Das testete die UDV in einer Reihe von Computer-Simulationen mit den unterschiedlichsten Parametern: verschiedene Beladungszustände – leer, voll beladen, nur das Zugfahrzeug beladen, nur der Anhänger beladen. Außerdem Fahrzeuggeschwindigkeiten von 30 bis 85 km/h, verschiedene Windgeschwindigkeiten bis 144 km/h, verschiedene Seitenwindbelastungen und weitere Modellparameter – „im Wesentlichen alle in der Realität aufkommenden Optionen“, sagt Brockmann.
Nur ein Ergebnis der rund 350 Simulationsversuche: Ist nur das Zugfahrzeug beladen, reagiert der Hänger ähnlich kritisch wie ein komplett leeres Gespann. Ist nur der Anhänger beladen, kippte das Fahrzeug bereits bei 72 km/h. Dabei kann es aufgrund des Achslastverlustes zu einem Aufbocken des Zugfahrzeugs kommen, was den Zug noch instabiler werden lässt.
Entsprechend lautet die Forderung von Unfallforscher Brockmann, die Ergebnisse aus dem Simulationsversuch auch in die Fahreraus- und Weiterbildung einfließen zu lassen. „Wir müssen Spediteure und Fahrer mehr sensibilisieren“, sagt er. Heißt, nicht nur die Fahrgeschwindigkeit der Wettersituation anpassen, sondern sich auch vor Antritt der Tour über die Wettersituation informieren und gegebenenfalls die Fahrzeugwahl entsprechend treffen.
Da bei der Frage des Fahrzeugs bei manchem vielleicht die wirtschaftlichen Interessen die Sicherheitsbedenken überwiegen könnten, will Brockmann das Problem gesetzlich normieren lassen, etwa durch eine Änderung im § 2 StVO. Dies könnte etwa so aussehen, dass ab einer Windgeschwindigkeit von 75 km/h der Fahrer eines Gespanns unter 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht dazu verpflichtet wird, den nächsten Rastplatz anzusteuern. „Damit wird derjenige zur Verantwortung gezogen, der dafür verantwortlich ist, dass das Fahrzeug auf der Straße ist.“
Quelle: Newsletter